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Beschreibung
In Dresden-Pillnitz steht eine der großartigsten und bedeutendsten Schloss- und Parkanlagen im sächsischen Raum.
Die Geschichte des Schlosses Pillnitz beginnt bereits im Mittelalter mit der Existenz einer Burg mit Wall und Wassergraben an der Stelle des heutigen Neuen Palais'. Bereits um 1335 wurde der Ort als Herrensitz eines Ludewicus de Belennewitz erwähnt und gehörte bis Anfang des 15. Jahrhunderts zur Burgschaft Dohna. 1486 kam Pillnitz als Rittergut und Mittelpunkt einer Grundherrschaft in den Besitz der Familie Ziegler.
Nach dem Verkauf an Christoph von Loß, einem einflussreichen Mann am sächsischen Hof und Gesandter beim Deutschen Reichstag, baute der neue Besitzer die ursprüngliche Burg der Lehnsherren von Pillnitz ab 1569 zu einem Renaissanceschloss um. Schließlich erwarb 1694 Kurfürst Johann Georg IV., der Bruder von August dem Starken, das Anwesen für seine Mätresse Magdalene Sibylla von Neitschütz. Als Kurfürst Johann Georg im gleichen Jahr starb, übernahm August der Starke die Anlage.
1706 war das alte Schloss ein Geschenk von August dem Starken an die Gräfin Cosel. Nachdem diese in Ungnade fiel, verwirklichte August der Starke ab 1720 seine Pläne von einem großzügig gestalteten Schloss und veranlasste die Neugestaltung des Pillnitzer Schlossgebäudes durch seinen Oberlandesbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann. Anders als im Residenzschloss in Dresden mit seinen höfischen Etikette standen hier ungezwungenes Spiel und Vergnügen im Vordergrund. Die Vorliebe des 18. Jahrhunderts für chinesische Motive drückt sich auch in Pillnitz aus. Der Kurfürst wünschte sich für das Schloss eine "indianische" Ausgestaltung, wobei dies in der damaligen Zeit eine Bezeichnung für den gesamten Orient, also auch Ostasien und China, war.
Pöppelmann konnte schließlich nur das Wasserpalais (1721) und das Bergpalais (1723) - zwei dreiteilige Pavillons, die parallel zur Elbe einen Gartenteil rahmten - projektieren und errichten. Das Wasserpalais und das spiegelgleich errichtete Bergpalais zählen zu den größten Chinoiseriebauten der Welt.
Ab 1765 wurde Pillnitz zur Sommerresidenz des Dresdner Hofes. Von der Residenz Dresden aus fuhr der sächsische Hofstaat auf prachtvollen Gondeln elbaufwärts nach Pillnitz. 1790 baute der Schiffsbaumeister J.C. Pätzold eine grüne und eine rote Gondel nach Entwürfen des Hofbaumeisters Christian Friedrich Schuricht. Die grüne zeigte an der Spitze einen Drachen, auf dem ein Engel ritt, die rote eine Sirene, die auf einer Seemuschel blies. Das Wasserpalais ist über eine große Treppe mit dem Fluss verbunden, so dass die Gondeln anlegen konnten.
Das Pillnitzer Ensemble war für den Dresdner Hof so faszinierend, dass die Bautätigkeit auch in den nachfolgenden Jahren anhielt. Zweigeschossige Flügelbauten erweiterten 1788-91 das Wasserpalais und das Bergpalais. Dabei bezog man das alte Schloss in die Gestaltung mit ein. Es bildete den östlichen Abschluss des Hofes. Erst nach einem Brand 1818 erbaute Christian Friedrich Schuricht in den Jahren 1822-26 das Neue Palais im Stil des Klassizismus anstelle des vernichteten Renaissanceschlosses, wodurch der barocke Garten mit den ihn umschließenden Gebäuden einen Ehrenhofcharakter erhielt. Das Neue Palais verbindet das Wasser- und das Bergpalais und ordnet sich mit seinen geschwungenen Dächern gut in die vorhandene Bausubstanz ein. Nach über 100 Jahren war die Anlage, so wie sie sich heute präsentiert, vollendet.
Mit dem Ende der Monarchie in Sachsen gelangte das Schloss in staatlichen Besitz. Es beherbergte fortan Wohnungen und künstlerische Werkstätten. Auch die Zeit des 2. Weltkrieges überstand Pillnitz mit wenigen Beschädigungen. 1946 eröffnete man das "Zentralmuseum" Sachsens im Schloss, später gesellte sich das Museum für Kunsthandwerk hinzu.
Auch in der Politik spielte Pillnitz eine bedeutende Rolle. 1791 trafen sich hier die Monarchen von Österreich, Preußen und Sachsen mit dem französischen Adel zum Pillnitzer Fürstentreffen und debattierten Fragen über die Aufteilung Polens und das weitere Vorgehen gegen die sich ausweitende Französische Revolution.
Die Gartenanlagen des alten Schlosses dienten - mit Ausnahme eines kleinen Lustgartens - ursprünglich vorwiegend der Wirtschaft. Nach der Inbesitznahme der Schlossanlage durch die sächsischen Kurfürsten gestalteten diese auch die Gartenanlage weiter aus. Unter der Gräfin Cosel pflanzte man Heckengärten, zwischen den Palais entstand der barocke Lustgarten und oberhalb des Bergpalais der Schlossgarten.
Der weitläufige Park - heute 28 Hektar groß - wurde immer wieder verändert. Zunächst Fest- und Spielplatz des sächsischen Hofes und seiner Gäste, war er bereits Ende des 18. Jahrhunderts Zuflucht- und Forschungsstätte der botanisch interessierten Wettiner. So entstanden in Ergänzung zum Wasserpalais 1730 die geräumige Orangerie nach einem Entwurf von Longuelune, der Englische (1780) und der Chinesische (1804) Pavillon sowie das Palmenhaus (1859).
Um 1790 erweiterte man den Park im englischen Stil. Verschlungene Wege und Wasserläufe führen zu einem künstlich angelegten Teich mit einer Insel. Als besondere Attraktion steht im Englischen Garten eine über 200 Jahre alte japanische Kamelie, die älteste in Europa. Drei weitere Bäume ihrer Art, die zeitgleich zum Ende des 18. Jahrhunderts nach Berlin, London und Paris kamen, sind eingegangen. Nur die Pillnitzer Kamelie überlebte. Sie ist fast 9 m hoch, hat einen Kronendurchmesser von 12 m und trägt jedes Jahr von März bis Mai bis zu 15.000 Blüten. Um den empfindlichen Baum im Winter zu schützen, entstand 1992 ein eigenes Glashaus, das zu Beginn der kalten Jahreszeit über die Pflanze gefahren wird. Die Regulierung von Temperatur, Luftfeuchte, Beschattung und Belüftung erfolgt computergestützt.
1785-90 wurde der Park um den "Holländischen" und den "Chinesischen" Garten erweitert. Im Holländischen Garten fanden Pflanzen aus der ehemaligen holländischen Kolonie in Südafrika ihren Platz.
Oberhalb des Weinbergwegs, mit einem herrlichen Blick zum Elbsandsteingebirge und zum Osterzgebirge, ließ August der Starke 1723-27 von Matthäus Daniel Pöppelmann die barocke Weinbergkirche errichten. Sie ersetzte die abgetragene evangelische Schlosskapelle nun außerhalb des Schlossbereichs. Den Eingang schmückt das sächsisch-polnische Wappen.
Friedrichsgrund
Nur wenige hundert Meter vom Schloss Pillnitz entfernt, beginnt eines der schönsten Täler südlich von Dresden. Der Friedrichsgrund und die angrenzenden Borsberghänge gehören seit 1961 zu einem über 100 Hektar großen Naturschutzgebiet. Kein Wunder also, dass sie sich seit über 200 Jahren einer wachsenden Beliebtheit erfreuen.
Als 1765 die Kurfürstinnenwitwe Maria Antonia Pillnitz zur Sommerresidenz ihres noch unmündigen Sohnes Friedrich August bestimmte, legte sie den Grundstein für dessen lebenslange Naturbegeisterung. Der letzte Kurfürst und erste sächsische König prägte fortan die Entwicklung des Pillnitzer Schlosses nachhaltig. So erweiterte er den Garten auf neu hinzugekauften Flächen zu einer umfangreichen botanischen Sammlung. Eine Entfaltung des Gartens in die Landschaft war auf Grund des begrenzten Platzes jedoch unmöglich. Demgegenüber boten die nur unweit des Schlosses in der Elblandschaft beginnenden Seitentäler beste Voraussetzungen für eine weiträumige landschaftliche Gestaltung, wie sie zur damaligen Zeit propagiert wurde.
Die Keimzelle des Friedrichsgrundes bildete die im Frühjahr 1775 auf der Kuppe des Borsberges errichtete Eremitage. Von hieraus begann im darauffolgenden Jahrzehnt die Verschönerung der Borsberghänge und des ursprünglich als Meixgrund bezeichneten Elbseitentales. Der Meixgrund bildete hierbei die ideale Kulisse: Gesäumt von Laubwäldern schlängelt sich ein Bach mit "hundert kleinen Wasserfällen" ins Tal. In diese lieblich natürliche Landschaft arbeiteten Gärtner punktuell verschiedene Gartenbilder ein. Friedrich August ließ Brücken, Stege und Ruhebänke errichten. Zwischen 1779 und 1780 entstand ein künstlicher Wasserfall und im Sommer 1780 bezog Friedrich August erstmals die "Meixmühle" in seinen Spaziergang ein. Die Gestaltung fand ihren Abschluss mit dem Bau der künstlichen Ruine auf dem Schlossberg im Jahre 1785.
Der Friedrichsgrund ist über verschiedene Wanderwege zu erreichen. Ein häufig genutzter Zugang führt auf den sogenannten Schlossberg mit der künstlichen Ruine. Auf dem Berg sollen sich Reste einer mittelalterlichen Burg befunden haben. Die spezielle Wirkung einer Ruine führte den Betrachter in die Jahrhunderte der Barbarei und Fehden zurück. Zugleich verkörperte sie aber auch Tapferkeit und Stärke. Offenbar widerstand auch Friedrich August diesen Gedanken nicht, denn 1785 ließ er eine Ruine in gotischen Formen mit verwitterten Mauern, Spitzbogenfenstern und Ecktürmchen errichten, die von Weitem den Eindruck eines verfallenen alten Gemäuers machte. Den Entwurf lieferte vermutlich Johann Daniel Schade.
Folgt man von Pillnitz kommend dem Friedrichsgrundbach bergauf, gelangt man zunächst zum zerbrochenen Opferstein. Sein gemauerter achteckiger Sockel endete in einem abgebrochenen Obelisken. Nur unweit davon befand sich einst die künstliche Ruine eines antiken Tempels. Den wohl prächtigsten Anblick des Friedrichsgrundes bildete der künstliche Wasserfall nur wenige Wegebiegungen vom Opferstein entfernt. Regen- und Schmelzwasser der benachbarten Felder sowie ein Kanal vom Meixmühlenteich füllten drei steinerne Reservoirs. Die Becken konnten durch das Ziehen von Schützen abgelassen werden und speisten so den Wasserfall für 15 bis 20 Minuten.
In einer Wegebiegung stieß der Spaziergänger auf eine weitere Szene. "Amaliens Rosenhügel" stellte das Grab eines alten sächsischen Heldens dar. Die Wirkung des Grabes wurde durch die Anlage in einem besonders steilen und düsteren Abschnitt des Tales unterstrichen. Eingebettet in einem Tannenhain lag der Hügel zwischen Bach und Weg. Das helle Laub zweier Birken hob sich vor dem dunklen Hintergrund besonders gut hervor und verstärkte den Eindruck der Trauer.
Am Ende des Friedrichsgrundes öffnet sich der Wald zur Meixmühle hin. Die alte Mühle, die bereits im Mittelalter nachgewiesen ist, nutzten die Gestalter geschickt als Farbtupfer. Schafe, Ziegen und Kühe vermittelten das Bild eines sorgenfreien Landlebens. Der Spaziergang endete schließlich auf dem Borsberg. Dort ließ der Kurfürst eine Eremitage errichten. Vom Dach der Grotte - heute mit einem baufälligen hölzernen Turm versehen - bot sich dem Besucher ein beeindruckender Blick in die Elblandschaft bis nach Pirna und Meißen. Im Innern befand sich ein kleines Zimmer mit rustikalem Mobiliar.
Ab 1775 bildete der Besuch der Eremitage für den Kurfürsten den jährlichen Auftakt des Pillnitzer Sommerlagers. Neben dem Naturerlebnis diente die Eremitage aber auch der Zerstreuung der Pillnitzer Hofgesellschaft. Vergnügungen in den Abendstunden wurden ebenso organisiert wie wissenschaftliche Ausflüge mit Fernrohr, Landkarte und mathematischen Instrumenten. Mit dem Bau der künstlichen Ruine stand aber bald eine günstiger zu erreichende Alternative für die höfischen Abendveranstaltungen zur Verfügung.
Wer letztlich für die Ausgestaltung des Friedrichsgrundes verantwortlich war, bleibt bis heute unklar. Häufig wird Kammerherr Camillo Graf Marcolini (1739-1814) mit der Anlage in Verbindung gebracht. Wahrscheinlich stammt aber die Grundidee vom Kurfürsten - sein großes Interesse und seine Anteilnahme am Baugeschehen sprechen dafür - während die Ausführung wohl seinem Freund Marcolini oblag.
Zu Lebzeit Friedrich Augusts hielt das Hofbauamt die Anlagen im Friedrichsgrund instand. Hierzu stellte man sogar eigens verantwortliche Personen ab. Anfang des 19. Jahrhunderts wuchs die Besucherzahl jedoch rapide an. Maler entdeckten den romantischen Friedrichsgrund für sich und machten ihn noch bekannter. Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete das Hofbauamt einen hölzernen Aussichtsturm auf der inzwischen touristisch erschlossenen Eremitage, um dem Baumwachstum zu begegnen. Doch erst 1897 verlor das sächsische Königshaus das Interesse an der Eremitage und übergab sie einer Gastwirtin. Während man die Reparaturen am Kanal und am Wasserfall schon Mitte des 19. Jahrhunderts aufgab, scheint die künstliche Ruine noch länger durch das Königshaus genutzt worden zu sein. Vermutlich begann ihr Verfall erst mit der Abdankung der Wettiner 1918.
Zwischenzeitlich ist viel Wissen um die gartenkünstlerische Ausgestaltung des Friedrichsgrundes verloren gegangen. Dennoch kommt diesem Ensemble von Friedrichsgrund und Borsberg eine wesentliche gartenhistorische Bedeutung zu. Insbesondere die Tatsache, dass der sächsische Kurfürst persönlich an der Ausgestaltung interessiert war, lässt die Gestaltung des Pillnitzer Schlossgartens in einem neuen Licht erscheinen.
Wenngleich auch viele Gartenszenen nicht mehr den Glanz früherer Tage versprühen, lassen sich doch mit wenigen Hintergrundinformationen noch wesentliche Teile dieser Szenen finden. Die künstliche Ruine ist immer noch ein bekanntes Ausflugsziel und leicht von Pillnitz aus zu erreichen. Der Kanal zwischen dem Meixmühlenteich und dem Wasserfall sowie die Staubecken sind noch gut zu erkennen. Die Meixmühle wird nach wie vor gastronomisch genutzt. Leider ist die Einkehr am Borsberg dem Verfall preisgegeben. Auch die Eremitage verfällt zusehends. Der hölzerne Aussichtsturm ist bereits gesperrt. Dennoch lohnt sich der Besuch des Friedrichsgrundes. Die geplante, wenngleich auch nicht ausgeführte Anbindung des Friedrichsgrundes an den Pillnitzer Schlossgarten zeigt, dass er als Fortführung des dortigen botanischen Gartens gedacht war. Der Friedrichsgrund ist somit nicht losgelöst von seiner Umgebung zu betrachten, sondern fester Bestandteil des Pillnitzer Spazierwegenetzes.
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Bildergalerie |
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Schloss und Park Pillnitz |
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Wasserpalais |
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Eremitage |
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